9. nationaler Kongress für Höhlenforschung vom 13-15.September 1991

in Charmey, Schweiz

Teilnehmereindrücke von Uwe Kalmbach Höhlenforschungsgruppe Nürtingen

Der 9.Kongress begann eigentlich schon am 12.9. mit Exkursionen einschließlich Taucheinsätzen und endete am 17.9. mit weiteren Exkursionen. Wir,Daniel,Renate,

Schorsch und der Verfasser konnten nur am eigentlichen Kongress teilnehmen und so erreichten wir Freitag nacht Charmey und nach kurzer Suche das Tagungsbüro . Das erste , was den Teilnehmern überreicht wurde, war ein detailliertes Anmeldeformular mit Angaben von Touren , Übernachtungsmöglichkeiten und natürlich den Preisen.Daß die Schweiz schon immer etwas teurer war,als das restliche Europa war uns bekannt,aber als für die schlichte Übernachtung auf dem Campingplatz 8 sfr und für die Übernachtung in einem etwas abgewirtschaftetem Massenlager 14 sfr pro Nacht verlangt wurde,entschlossen wir uns,lieber die Schlafsäcke auszupacken und bei Mutter Natur zu übernachten.

Im Gegensatz zu Unterkünften und enttäuschender Verpflegung war das Kongressprogramm einsame Spitzenklasse.

Das Programm war räumlich und inhaltlich getrennt.

In der Sporthalle fand die Begrüßung sowie Diavorträge und Vorträge vor großem Publikum statt,während in den Klassenzimmern einer Schule parallel bis zu vier Fachvorträgen vor kleinen Gruppen gehalten wurden. Des weiteren fand im Rahmen des Kongresses ein internationales Treffen über unterirdische Topographie sowie die Tagung "Höhlensedimente und Paläoklima" statt.

Unser besonderes Interesse galt natürlich Martin Heller mit der Vorstellung des überarbeiteten Toporobot, ein Computer- programm ,das von Martin für die Vermessung von Höhlen in jahrelanger Arbeit entwickelt wurde.Jetzt lief dieses Programm auf Macintosh-Rechnern,nachdem früher dieses Programm nur auf DEC-VAX Großrechnern der ETH Zürich lief und somit eine Arbeit mit dem Programm mit räumlichen und organisatorischen Problemen behaftet war.

Mit modernster Technik wurde die Zuschauer optisch über Satellitenaufnahmen Schritt für Schritt immer näher an das Sieben-Hengste Höhlensystem herangeführt .

Dann erschien auf der Großleinwand das labyrinthartige Höhlensystem mit Erläuterungen zur Erstellung der Topographie mit dem Computer.In kurzer Zeit konnte jeder beliebige Höhlenteil sichtbar gemacht werden , einschließlich Meßpunktangaben , Koordinaten etc .

Die Bearbeitung der gesamten Vermessung erfolgt über den Computer und es ist damit zu rechnen , daß besonders bei der Bearbeitung von großen Höhlensystem über 5 km Länge ,in Zukunft Programmsysteme wie Toborobot

unverzichtbar für eine detaillierte Auswertung der unterirdischen Topographie werden.

Martin stellte auch die neu gegründete Toporobot-Anwendergruppe vor , die den Einsatz dieser Software unterstützen und für Informationsaustausch zwischen Anwender und Entwickler sorgen soll.

Ein Wermutstropfen hat für mich das Programm , so toll es auch ist,es ist nicht auf einem PC sondern "nur" auf Macintosh-Rechnern einsetzbar.

Anschließend wurden in der Sporthalle

Diavorträge

gezeigt.

Allerdings darf man darunter nicht die üblichen Vorträge bei Jahrestagungen und Höfotreffen vorstellen,wo der Referent erst mit dem Sortieren der Dias beginnt und dann feststellt,daß alles seitenverkehrt und auf dem Kopf steht.

Diese Diavorträge waren professionell,sehr beeindruckend,hochklassig und zum Teil als Kunstwerke zu betrachten.

Auf der folgende Seite erfolgt eine Kurzvorstellung der Vorträge , die hoffentlich in den kommenden Jahren bei weiteren Tagungen zu sehen sein werden.

Cosa Nostra Loch

von

Pierre Garcin

Realistische Darstellung alpiner Forschung (französisch)

La Corde

von

Pierre Garcin

Spannende Kurzgeschichte einer Höhlentour mit Folgen,dieser mit Spannung zum Seilzerreissen geladene Diavortag sollte man sich nicht direkt vor einer Schachttour anschauen.

Preisgekrönter Vortrag (französisch,allerdings auch ohne Sprach-

kenntnisse zu verstehen.)

Tonnerre sous la Terre

von

Pierre Garcin

(französisch)

Der Diavortrag , den man fast schon als Film bezeichnen kann , zeigt Höhlenforscher in einer Schachthöhle beim Aufsprengen einer

unbefahrbaren Engstelle. Dokumentarisch , packend und sehr empfehlenswert

Höhlentraum

von

Pali Berg

(ohne Sprache)

Impressionistisches Farb und Klangbild über die Träume und Halluzinationen in Hirn des homo speläus.

Beeindruckendes Kunstwerk.

Karren

von

Pali Berg

(deutsch )

Am Anfang dokumentarische Darstellung von Karren in all ihrer Vielfalt , dann Übergang in ein Feuerwerk von hochklassigen Landschaftsaufnahmen.

Lechuguilla Cave

von

Urs Widmer

(ohne Sprache,musikalisch vertont)

Hochkarätige Bilder einer außergewöhnlich schönen Höhle in Neu-Mexico/USA,der Diavortrag zum Buch

Tournage de 009

von

Pierre Beerli und Michel Casellini

(musikalisch untermalt)

Parodie auf James Bond und den Beißer in der Unterwelt.Dieses Diaporama darf man getrost auslassen.


Vielleicht wäre es möglich,einige dieser Vorträge in Deutschland zu zeigen,damit Impulse hinsichtlich Originalität und Professionalität auf die hiesigen Höhlenphotographen ausgehen .


(Ich denke noch mit Schrecken an manche Diavorträge in süddeutschen Gefilden)

Neben diesen Vorträgen gab es ein umfangreiches Fachprogramm mit bis zu vier parallelen Kurzvorträgen . Am Samstag und Sonntag wurden die Bereiche regionale und internationale Speläologie , Topographie , Biospeläologie , Paläontologie , Archäologie , physischer Karst und Hydrogeologie abgedeckt.

Es war für jeden ein interessantes Gebiet vertreten , und da wir sowieso verschiedene Interessen haben,konnten wir uns gleichmäßig auf viele Vorträge die zum Teil hohes Niveau hatten,verteilen.

Nicht zu vergessen , der internationale Bücherstand , der einen selten so ausführlichen über die speläologische Literatur bot und zum Schmökern einlud.

(Verglichen mit einer deutschen Jahrestagung wurden ein vielfaches dessen an Literatur geboten , das meiste allerdings in französischer Sprache)

Alles in allem ein hervorragendes Programm , das seinesgleichen sucht.

Schon am Sonntag mittag allerdings mußten wir uns auf dem Heimweg machen , den wir

noch unangenehm in Erinnerung haben.

Normalerweise freut man sich,wenn man mal nicht selber fahren muß , sondern als Beifahrer die Fahrt geniessen kann , aber beim Gedanken an die Rückfahrt wird es uns heute noch übel. Sollte jedoch einer unserer wenigen Leser eines Tages vorhaben,bei Schorsch mitzufahren , so empfehlen wir ihm, vorsichtshalber eine Speitüte mitzunehmen