Der (erfreuliche) Jubiläums-Fola-Bericht 2002

Schwerpunkt Holde Höhle (1624/160)

Von Harald Scherzer und Richard Frank

Sonntag 28. Juli bis Mittwoch 07. August 2002

Teilnehmer: Heidrun André (Heidrun), Beate Frank (Beate), Richard Frank (Ritschi), Rainer Hoss (Rainer), Nikolaus Löffelhardt (Niko), Erich Ruopp (Erich), Kerstin Ruopp (Kerstin), Harry Scherzer (Harry).

Die Holde Höhle (1627/160) wurde 1985 entdeckt und bis 1988 auf 1178m Gesamtganglänge und 115m Vertikalerstreckung erforscht. Ab 1999 wurden die Forschungen in der Höhle wieder aufgenommen. Vor Beginn des aktuellen Forschungslagers lag die Gesamtganglänge bei 1602m, die vertikale Erstreckung bei 123m (+30/-93)m.

[Foto: Das Appelhaus mit den drei 'Moadln' C. Wiemer, Gisela Rothaupt, Sibylle Wolfgramm. Foto: Andre Abele.]

Zu sechst (Beate, Ritschi, Niko, Erich, Kerstin, Harry) waren wir am Sonntag Nachmittag (28. Juli), nach der Bergmesse von Grundelsee zum Appelhaus aufgestiegen. Der Tag wurde genutzt, um das Basislager im Winterraum einzurichten.

Der Montag, 29. Juli führte uns zum ersten Mal in den Untergrund. Zu fünft stiegen wir in die Holde Höhle ein (Ritschi, Niko, Erich, Kerstin, Harry). Der Vorstoß wurde von Ritschi, Niko und Harry durchgeführt. Am Endpunkt des Vorjahres im Originalgang wurde ein Abgrund gequert und mit einem Strick gesichert. Die dort möglichen Abstiege in tiefere Teile (Steinschlag-Schätzung ca. 10 m Tiefe) wurde aufgeschoben, statt dessen wurde in gleicher Höhe nach geradeaus gequert und dem Gangverlauf gefolgt. Nach wenigen Messzügen war ein einfacher Schrägabstieg mit Seilsicherung notwendig. Eine 20 m lange Geradeaus-um-die-Ecke-Strecke wurde vorerkundet (Ritschi), der Schrägabstieg vermessen. Die Basis des Schrägabstieges führte zu einem (Fast- )Horizontalteil, einer Kette von Hallen mit Engstellen und Kletterstellen dazwischen. Das Ende ist ein nicht frei kletterbarer Schlot mit (theoretisch) exzellenten Aussichten auf ein Weiterkommen. Zurück an der Basis des Schrägabstieges führte eine zweite Fortsetzung weiter, über mehrere Hallen und Kletterstellen auf tieferem Niveau an den Anfangspunkt des Messtages zurück. Ein Schachtabstieg wurde entdeckt, dieser sollte drei Tage später bezwungen werden. Der Rundzug hatte am Ende nur wenige Dezimeter Fehler auszugleichen. Zum Aufwärmen nicht schlecht: 104m wurden vermessen. An Niko wurde der Goldene Peilkompass verliehen. Die Vermessung der vorerkundeten 20 Meter wurden für den nächsten Vorstoß zurückgestellt.

Der Dienstag 30. Juli 2002 war Ruhetag.

Am Mittwoch, 31. Juli 2002 war vorgesehen, den Abstieg in tiefere Gefilde zu wagen (Ritschi, Niko, Harry). Aber zuerst sollten die 20 Meter vom Vorvortag vermessen werden. Mutige Kletterkünste und enge, kurze Schlufe brachten letztendlich 160 Meter schönes Neuland, an der Fortsetzung, an der lediglich 20 m Pflichtmesszug vorgesehen war. Auf dem Rückweg erwiesen sich die meisten Fortsetzungen als (dilatationsbedingt) unpassierbar. Eine enge Fortsetzung führt jedoch weiter, wurde von Ritschi erklettert und lohnt ein Wiederkommen mit Seilausrüstung. Zuallerletzt wurde der Schachtabstieg in tiefere Gefilde am Umkehrpunkt des Vorjahres angegangen, nach einer Seilstrecke von 10 m erreichten wir den Grund. Einige Kletter- und Schlufstrecken wurden begangen, aber nicht vermessen. Es wären einige Meter Messzuglänge möglich gewesen, aber nachdem es sich weitgehend um dieselbe Halle gehandelt hätte wurde darauf verzichtet. Ein enger und unbequemer Durchschlupf durch Versturz führte an einen weiteren Abgrund (wiederum ein ca. 40 m tiefer Schacht, allerdings nur wenig einladend), es wurde beschlossen den Vorstoß in tiefere Gefilde an anderer Stelle zu wagen. Der eigentliche Schachtvorstoß musste wiederum auf den folgenden Tag verschoben werden. Immerhin brachte das Gewurschtel oben nochmals 210m Neuland. In der Nacht waren Heidrun und Rainer zum Team am Appel-Haus-Basecamp hinzugestoßen. Beate wurde der Goldene Kochlöffel verliehen.

Am Donnerstag, 01. August 2002 stiegen Heidrun, Rainer und Harry erneut in die Holde Höhle ein. Vom Umkehrpunkt des Vorjahres wurde auf erkundeten Pfaden des 29. Juli (erster Vorstoßtag, in Gegenrichtung) Tiefe gewonnen und der Schachtabstieg ausgebaut (goldener Bohrer für Harry). Ein Traum wird wahr, am Schachtgrund erreichen wir ein "System" mit horizontalen Fortsetzungen. Eine Kletterstelle gangaufwärts wird bezwungen, ein Seil installiert und völlig unbegangen und nicht vorerkundet für die Zukunft aufgespart.

Nach "Bachna" wird vermessen. Nach 70m erreichen wir die Drachenkopfhalle mit insgesamt vier Fortsetzungen, die eine aus der wir kamen, zwei bachabwärts und ein wieder bachaufwärts führender (Neben-) Gang. Zunächst wurde letzterer verfolgt, im Grunde nur, um die Halle besser skizzieren zu können. Der Goldene Nagellack wurde an Rainer verliehen, denn dieser "Bachnauf" erwies sich als sehr gut begehbar, so dass 20 Messzüge folgten. Der Endpunkt war eine weitere Halle mit Versturzboden. Eine Kletterstelle behinderte den Halleneingang und ein 10m Tropfwasserschacht markierte die Fortsetzung nach der Halle. Der Tag erbrachte über 40m weitere Tiefe und 150m Horizontalganglänge, in der Summe 194m Neuland. Dies bedeutet, dass die Holde Höhle somit die 2000-Meter-Marke überschritten hatte.

Auf dem Rückweg zum Appelhaus wurden wir von Nebel, Sturm, Gewitter und sintflutartigen Regenfällen begleitet.

Ritschi hatte in der Zeit Pläne gezeichnet, der goldene Bleistiftspitzer war ihm dafür würdig. Niko, Erich und Kerstin wanderten zum Schönen Loch am Breitwiesberg. Leider konnten wegen des 2m zu kurzen Seils keine neuen Erkenntnisse über den Eisstand gewonnen werden.

Der Freitag. 02. August bedeutete Abstieg und Heimfahrt für Beate, Niko, Erich, Kerstin, Harry. Der Rest legte einen Ruhetag ein.

Am Samstag, den 03. August wurde dann von Heidrun, Rainer und Ritschi der von der Drachenkopfhalle weiter nach Südwesten führende Canyon erkundet. Vermeintlich verlehmte Tritte erwiesen sich als braun versintert und so kam die Vermessung schnell voran. Nach 50m führt der Primärgang geradeaus weiter, über Blöcke klettert man zum inzwischen durch einen Zubringer (?) erweiterten Canyonboden. Nun befährt man einen 2,5m breiten und 6m hohen, leicht schräg stehenden Kluftgang. Nach etwa 70m klettert man in eine Verbruchhalle hoch, glücklicherweise hat der Verbruch einen Durchschlupf freigelassen, um wieder in den Gang hinabzusteigen. Der Ausreisser führt weitere 70m bolzgerade nach Südsüdwest. Nun endet er jedoch abrupt in einer kleinen Halle. Im spitzen Winkel geht ein schön blankgewaschener Gang weiter. In Gegenrichtung, nach Südwesten führt seine unscheinbare Fortsetzung, die als Fragezeichen liegen gelassen wurde. Nach wenigen Metern markiert starkes Rauschen die Lenaquelle, benannt nach der am Vorstoßtag geborenen Tochter des Hüttenwirts. Aus einer Schichtfuge quillt ein starker Bach mit schätzungsweise 2 l/s Schüttung heraus, um gleich wieder im Versturz zu verschwinden. Nun wird jedoch wieder ein Gang mit ähnlichen Dimensionen wie der Ausreißer erreicht (auf dem Plan erscheint es so, als ob der Gang einfach um 30m parallel versetzt wurde), und über dem Lenabach umgehen und überkletterten wir garagengroße Versturzblöcke, Harnischflächen zeigen, dass der Gang hier an einer Verwerfung angelegt ist. An einer Stelle kann man wieder auf den Lenabach hinabschauen. Etwa 50 m nach der Lenaquelle verschwindet der starke Luftzug, der die Forscher bislang begleitet hatte, nach oben im Versturz. Ein wagemutiger bis lebensmüder Forscher kann hier die Fortsetzung nach Südwesten erkunden. Der gefahrlosere Weiterweg führt im Versturz noch 50m abfallend nach Westen, bevor der Harnischgang, nur mehr 5m über dem Niveau der Breitwiesalm, endgültig zumacht. Eine äußerst erfolgreiche Tour: 383m vermessen! Verliehen wurde diesmal nix, da der Verleiher Harry schon daheim war.

Der Abstieg zum Appelhaus erfolgte, wie schon fast gewohnt, im Gewitter. Es ist einfach ein spannendes Bergerlebnis, wenn die Blitze 30m neben einem einschlagen.

Am Sonntag, den 04. August gab es wieder ein Ruhetag, es war ja so viel zu zeichnen und zu dilatieren.

Am Montag, den 05. August sollte dann eine gemütliche Tour erfolgen: Zeug aus der Höhle herauszerren, fotografieren und noch etwa 50m vermessen, dass gewiss 2500m Gesamtlänge (zum 25-jährigen FOLA-Jubiläum) erreicht werden. So war es auch: Im Harnischgang wurde der Abstieg zum Lenabach befahren. Umsonst: Die Lena kommt aus dem Versturz und fließt in den Versturz. Die Hoffnung, entlang des Bachs den Versturz zu unterfahren, musste begraben werden. Danach wurde fleißig fotografisch dokumentiert und manches Fragezeichen erkundet. Zum Abschluss wurde der Sandgang vermessen, der die Fortsetzung des Canyons bildet, dann aber in die Decke des Ausreißers einmündet. Das ergab 66m Neuland.

Am Dienstag, den 06. August mussten wir in strömendem Regen unser Geraffel aus der Ohrhöhle bergen, das wir in der Nacht aus lauter Faulheit liegen gelassen hatten.

Am Mittwoch, den 07. August regnet es immer noch, in Österreich ist Katastrophenalarm und wir wundern uns beim Abstieg, wo die ganzen Bäche herkommen.

Ein ziemlich erfolgreiches FOLA: 958 Meter vermessen. Die Holde Höhle ist nun 2544m lang und 227m (+30/-197)m tief.

Thema: Dilatation und Team-Akkupower

Die Gleichung ist ganz einfach: je ausgeruhter, motivierter und frischer das Vorstoßteam ist, desto leichter sind Kletterstellen zu bezwingen, und die Engstellen sind dann keineswegs abschreckend. Zieht sich ein Vorstoß dann in die Länge und nimmt Kraft und Team-Akkupower der Beteiligten ab werden die Schwierigkeiten größer. Insbesondere auf dem Rückweg, wenn die verbliebenen Fortsetzungen erkundet werden, ist manch eine Engstelle plötzlich eindeutig unschlufbar, Kletterstellen werden unbezwingbar, und mögliche Fortsetzungen kommen mit allergrößter Wahrscheinlichkeit an bereits bekannten Gängen wieder heraus oder führen in Bereiche, die später auf bequemeren Wegen sowieso entdeckt werden (?). Fazit dieser Betrachtung ist, dass keine Höhle endgültig erforscht ist. Im ungünstigsten Fall muss einfach der richtige Stein umgedreht werden, um eine Fortsetzung zu finden. Wie heißt es schon bei Asterix: "Per angusta ad augusta".