Von Richard Frank, Nikolaus Löffelhardt und Harald Scherzer
Die 1985 entdeckte Holde Höhle im Hochkar südsüdöstlich des Redenden Steins wuchs bis 1988 auf 1178m Gesamtlänge. Erst 1999 wurden die Forschungen wieder, zunächst erfolglos, aufgenommen. Der Durchbruch gelang erst durch die Entdeckung des engen Canyons Darmschlinger, von dem es gelang, in tiefere Teile vorzudringen. In den tieferen Teilen (etwa 1600m bis 1650m Seehöhe) scheint nun ein Horizontalniveau erreicht worden zu sein.
In diesem Bericht ist leider der neueste Forschungsstand (GML 3459m) noch
nicht eingearbeitet. Dies wird im ABSEILER 18 nachgeholt. Der Bericht gibt
die Forschungen bis 2002 wieder.![]()
GML 2544m, ND 227m (+37m/-190m)
Atlas 5029 5 200 (Redender Stein),
Blätter 235, 236, 254, 255, 256, 274 und 294
Im Hochkar, ca. 350 m südsüdöstlich des Gipfelkreuzes des Redenden Steins.
Der Eingang der Holden Höhle wurde am 15.08.1985 von Wolf Spahlinger und H. Daniel Gebauer entdeckt. Nach der Qual des engräumigen Eingangsbereichs (Canossagang) wurde die Halle der Unbeugsamen erreicht. Die Höhle wuchs langsam, indem ein Schluf nach dem anderen abgehakt wurde, Gang um Gängchen vermessen wurde, bis nur noch wenige, nichtssagende Fragezeichen im Plan übrig blieben. Der "letzte" Abstieg führte in ein vereistes enges Bodenloch in einer Gegend, wo die Höhle zur Oberfläche ausstreicht und alle Gänge verstürzt enden. Ausgerechnet von hier aus wurde die Halle der Vier Tuskelmiere und der Jahrescanyon entdeckt. Während des Fola '85 wurde die Höhle bis zum Ende des Jahrescanyons auf 909m vermessen.
1986 und '87 erfolgte die Entdeckung und Anbindung der Phytokarst- und der Deltahöhle. Am Ende des Jahrescanyons wurde '88 nach einem 15m-Abstieg ein enger Canyon (Rainbröselschlufversturzgang) bis zu einem weiteren Schachtabstieg nach Norden verfolgt. Die Gesamtlänge betrug nun 1178m bei 115m Niveaudifferenz. Die nächste Befahrung fand erst 1999 statt. In zwei Tagen wurde der Zugang zum Jahrescanyon durch das labyrinthische System wieder "entdeckt". Durch eine Schachtquerung konnte eine obere Etage des oben beschriebenen Canyons erschlossen werden. Außerdem gelang die Entdeckung des Hihi-Eingangs, der den Anmarschweg deutlich erleichterte.
Im nächsten Jahr scheiterte eine nochmalige Bezwingung des Rainbröselschlufversturzgangs an der in den letzten 12 Jahren eingetretenen Verengung des Schlufes (...).
Die nunmehr wirklich letzte Tour im Jahr 2001 hatte die fast aussichtslose
Erkundung des Canyons in südlicher Richtung zum Ziel. Die ersten 30m wurden
den Erwartungen gerecht: bodenlose Canyon-Krallerei. Im weiteren Verlauf des
2001er FOLA wurden im Primärgangbereich des Canyons jedoch ansprechende 330m
vermessen. Dort wurde 2002 weiter angesetzt. In der Fortsetzung des
Originalgangs konnten etwa 200m vermessen werden, der eigentliche Durchbruch
kam jedoch über den Abstieg im 40m tiefen Bändlesschacht. Nun war ein
horizontales Niveau erreicht. Im 2002er FOLA wuchs die Gesamtlänge um
958m.![]()
Bereits die Namen der Vermessungsserien im Eingangsbereich der Holden Höhle kennzeichnen die Raumdimensionen: Kniegang, SKKK-Gang (Schluf - Kammer - Kluft - Kammer), Canossa-Gang, Hallenversturz, sogar Canossagängle.
Dann wird mit der 20x30m großen Halle der Unbeugsamen ein größerer Raum
erreicht. Im Nordwesten der Halle verliert sich die Obeliskenpassage in zu
schmalen Gängchen und im Versturz. Der Gang Hinten Rechts im Nordwesten der
Halle führt in ein wahres Labyrinth von Gängen und Gängchen, die meist
NNE-SSW orientiert sind und südwärts abfallen. Der Schnidelkammerabstieg
führt schlufig in den Salle des Stroumpf, den zweiten größeren Raum der
Höhle.![]()
Im Norden des Schluflabyrinths führt das Quetschlabyrinth (später TB-Quetsche genannt) in eine Kluft, von der absteigend wieder der Salle des Stroumpf erreicht wird, aufsteigend eine kleine Halle. Durch die miteinander verbundenen Eingänge der Phytokarsthöhle und der Deltahöhle wird diese Halle von oben erreicht.
Nun wieder zurück ins und heraus aus dem Labyrinth: Vom östlichsten der Parallelgänge gelangt man frei absteigend an eine 12m-Stufe an der Decke einer kleinen Halle, der Sommerresidenz. Nach Osten aufsteigend wird ein Eisteil erreicht. Der Gang führt in die Eisekammer. Im Süden führt ein Gang nach oben.
Zuerst auf Eis, dann auf Firn ansteigend, wird hier mit dem Hihi-Eingang
wieder das Tageslicht erreicht. Im Versturzboden der Eisekammer ist ein
enges, vereistes Bodenloch, durch das man 17m eng und eisig absteigen muss.
Nun führt ein kleiner, zuerst noch vereister Canyon zuerst nach Norden, dann
nach Nordosten. Bald wird ein Kluftgang besserer Qualität erreicht, von dem
aus mehrere Abstiege in die große, 20m hohe Halle der vier Tuskelmiere
führen. Das Südwestende der Halle endet ansteigend im Versturz. Von hier
fehlen nur noch etwa 10 Horizontal- und 10 Vertikalmeter zur Höhle
Plumpsdröhn (1624/172).
Im Norden der Halle zwingt ein Gang mit wunderbar weichem Lehmboden kurzfristig zum Krabbeln. Nun setzt zur allgemeinen Überraschung und Verwirrung ein Canyon an, der sich sämtlichen Vorzugsrichtungen des Toten Gebirges querstellt: der Jahrescanyon, in dem alle Messzüge in Richtung 365gon gepeilt worden sind. Der 3m durchmessende Firstgang führt 30° steil nach oben, bis man einen Abstieg erreicht, der von den Entdeckern auf mehr als 50m tief geschätzt wurde. Den Abstieg querend, wird ein enger Canyon erreicht, der stark mäandrierend nach Norden führt. Etwa in der Mitte des Jahrescanyons kann man in einen mannshohen Gang absteigen, auch hier wird bald der Schacht erreicht. 15m absteigend erreicht man einen Versturzboden. Im Norden führt ein Kluftgang schräg abwärts in die Raumerweiterung des Profisoriums. Durch Versturz klettert man hinunter. Hier befindet man sich im unteren Ende des oben beschriebenen Canyons jenseits des Jahrescanyons. Schmal und stark mäandrierend zieht der Rainbröselschlufversturzgang nach Norden. Eine Schlüsselstelle ist der Rainbröselschluf. Hier vollzieht der Canyon eine 180°-Kehre, die Zwischenwand ist teilweise verbrochen. Dadurch entsteht ein grenzwertig enger und sehr brösliger Versturzschluf. Nach dieser Anstrengung kann der Gang weiter bis zu einer durch einen Regenschacht verursachten Raumerweiterung begangen werden. Der 10m-Abstieg wurde noch nicht bezwungen.
Nach dem 15m-Abstieg am Ende des Jahrescanyons landet man auf einem
verlehmten Versturzboden. Von hier kann man an mehreren Stellen einen Canyon
einsehen. Ein 10m-Abstieg führt auf einen Zwischenboden, von hier kann der
Canyon ( Darmschlinger ) Richtung Südwesten "begangen" werden. Nach wenigen
Metern endet der Zwischenboden, Höhe und Tiefe sind nun schwer abschätzbar,
die Breite beträgt ständig zwischen 0,4 bis 1m. Ober- und unterhalb des
begangenen Niveaus verengt sich der Canyon meist auf unter 0,2m Breite. Nach
ca. 30m taucht die Decke wieder auf, hier befindet man sich im
Firstgangbereich, die Tiefe bleibt unklar. Hier mündet von Norden ein Canyon
ein. In der dadurch entstehenden Erweiterung ist ein Abstieg möglich, unter
einem Riesenblock durchsteigend wurde hier ca. 20m Tiefe erreicht, ohne dass
der Grund erkennbar wäre. Den eben beschriebenen Seitencanyon überlagernd
zweigt ein mit 45° steil ansteigender ca. 4m durchmessender Gang mit fast
kreisrundem Durchmesser ab, der wieder in den Schacht Ende des Jahrescanyon
einmündet. Der Gang überwindet den gesamten vom Jahrescanyon abgeseilten
Höhenunterschied. Abzweigende, kleinräumige Seitenteile enden unschlufbar.
Dem Hauptcanyon folgt man weiter im Firstgangbereich ca. 30m nach Westen.
Nördlich dieser Strecke erschließt sich im Einmündungsbereich eines weiteren
Seitencanyons ein kleinräumiges Parallelsystem.
Bei MP 33/25 muss man im Canyon 10m abseilen. In dieser Tiefe wird eine
deutliche seitliche Raumerweiterung erreicht, die Tiefe des Canyons ist auch
hier nicht abschätzbar, jedoch erheblich. Auf gleichem Niveau bleibend weitet
sich der Canyon nach 14m zur Abwindhalle. Im Versturzboden der Halle besteht
über einen Schacht ein Zugang zu dem Hauptcanyon, die folgenden Gänge im
Primärgangbereich besitzen noch den "originalen" Boden. Ein 4m-Aufstieg führt
zu einer Gangteilung. Nach Westen führt ein durchschnittlich 2 x 4m großer
Gang mit Lehmboden in die hohe versturzbedeckte Halle der Replik. Nach
Südwesten verengt sich die Halle, an ihrem Ende bricht ein Schacht in die
Tiefe ab. Kurz zuvor lässt sich ein enger Canyon nach Süden verfolgen. Nach
10m setzt ein sich nach unten glockenförmig erweiternder Schacht an. In der
Halle der Replik zweigt ein weiterer Canyon nach Nordwesten ab. Der ca. 1m
breite Gang lässt sich nur 9m verfolgen, bevor auch hier abgeseilt werden
muss. Im Bereich der oben beschriebenen Gangteilung setzt ein nach Süden
führender Gang mit Schlüssellochprofil an. Die durchschnittliche Breite des
stark versinterten Ganges beträgt 2m, die Höhe 4m. Nach 35m öffnen sich im
Gangboden zwei Schächte. Während der erste noch unbefahren ist, erreicht man
im zweiten nach einer Seilstrecke von 10m den Grund. Einige Kletter- und
Schlufstrecken wurden begangen, aber nicht vermessen. Ein enger und
unbequemer Durchschlupf durch Versturz führt an einen weiteren Abgrund (ein
ca. 40 m tiefer Schacht, allerdings nur wenig einladend).![]()
Den oben beschriebenen zweiten Schacht querend, knickt der Gang mehrmals
ab. Nach wenigen Metern ist ein einfacher Schrägabstieg mit Seilsicherung
notwendig. Die Basis des Schrägabstieges führte zu einem (Fast-)Horizontalteil, einer Kette von "Hallen" mit Engstellen und Kletterstellen
dazwischen. Das Ende ist ein nicht frei kletterbarer Schlot mit (theoretisch)
exzellenten Aussichten auf ein Weiterkommen. Zurück an der Basis des
Schrägabstieges führt eine Fortsetzung weiter, nach einem Durchschlupf
erreicht man eine Halle. Aufwärts führt eine Kletterstelle in eine zweite
Halle, in der man wieder zum Originalgang zurück klettert. Abwärts erreicht
man über einen Kluftgang den doppelten Bändlesschacht. Mitten im oben
beschriebenen Schrägabstieg mündet ein nach Westen führender Seitengang, der
das Labyrinth Harrydrom erschließt. Der Bändlesschacht ist ein durch ein
schmales Band getrennter Doppelschacht. Während der nördlich gelegene Schacht
unbefahren blieb, erreicht man am Schachtgrund des südlichen Schachts ein
"System" mit horizontalen Fortsetzungen. Aufwärts ist der Gang unbegangen und
nicht vorerkundet. Bachna erreicht man nach 70 m die Drachenkopfhalle mit
insgesamt drei Fortsetzungen. Bachnauf folgt man gegen den Luftzug einem eng
gewundenen, jedoch immer über 4m hohen Gang, bis zu einem 10m tiefen Abbruch
nach einer kleinen Kammer. Ein Canyon führt von der Drachenkopfhalle nach
Südwesten. Vermeintlich verlehmte Tritte erwiesen sich als braun versintert
und so kam die Vermessung schnell voran. Nach 50m führt der Primärgang
geradeaus weiter (Sandgang), über Blöcke klettert man zum inzwischen durch
einen Zubringer (?) erweiterten Canyonboden. Nun befährt man einen 2,5m
breiten und 6m hohen, leicht schräg stehenden Kluftgang. Nach etwa 70 Metern
klettert man in eine Verbruchhalle hoch, glücklicherweise hat der Verbruch
einen Durchschlupf freigelassen, um wieder in den Gang hinabzusteigen. Der
Ausreisser führt weitere 70m bolzgerade nach Südsüdwest. Nun endet er jedoch
abrupt in einer kleinen Halle. Im spitzen Winkel geht ein schön
blankgewaschener Gang weiter. In Gegenrichtung, nach Südwesten führt seine
unscheinbare Fortsetzung, die als Fragezeichen liegen gelassen wurde. Nach
wenigen Metern markiert starkes Rauschen die Lenaquelle, benannt nach der am
Vorstoßtag geborenen Tochter des Hüttenwirts. Aus einer Schichtfuge quillt
ein starker Bach mit schätzungsweise 2 l/s Schüttung heraus, um gleich wieder
im Versturz zu verschwinden. Nun wird jedoch wieder ein Gang mit ähnlichen
Dimensionen wie der Ausreißer erreicht (auf dem Plan erscheint es so, als ob
der Gang einfach um 30m parallel versetzt wurde), und über dem Lenabach
umgehen und überkletterten wir garagengroße Versturzblöcke, Harnischflächen
zeigen, dass der Gang hier an einer Verwerfung angelegt ist. An einer Stelle
kann man wieder auf den Lenabach hinabschauen. Etwa 50m nach der Lenaquelle
verschwindet der starke Luftzug, der die Forscher bislang begleitet hatte,
nach oben im Versturz. Ein wagemutiger bis lebensmüder Forscher kann hier die
Fortsetzung nach Südwesten erkunden. Der gefahrlosere Weiterweg führt im
Versturz noch 50m abfallend nach Westen, bevor der Harnischgang, nur mehr 10m
über dem Niveau der Breitwiesalm, endgültig zumacht.
15.08.1985 Canossagang - H.D. Gebauer, W. Spahlinger
17.08.1985 Halle der Unbeugsamen und folgende Labyrinthe - H.D. Gebauer, W.
Spahlinger
20.08.1985 Salle des Stroumpfs - H.D. Gebauer, Jaqueline Leopold
24.08.1985 Eisekammer - T. Beuchlen, H.D. Gebauer, S. Wolfgram
28.08.1985 Halle der vier Tuskelmiere, Jahrescanyon - Georg Bäumler, T.
Beuchlen, H.D. Gebauer, U. Scherzer
10.09.1986 Abstieg nach dem Jahrescanyon - R. Hoss, U. Krüger, U. Scherzer
25.09.1986 Phytokarsthöhle - H.D. Gebauer, U. Scherzer
06.08.1988 Profisorium, Rainbröselschluf-versturzgang - T. Beuchlen, W. Falk,
R. Hoss, U. Scherzer
06.08.1999 Hihihöhle - T. Beuchlen, B. Frank, R. Frank, N. Löffelhardt
07.08.1999 Querung des Schachts nach dem Jahrescanyon - H. André, H. Scherzer
geb. Kirsamer, U. Scherzer
30.07.2001 Darmschlinger - B. Frank, R. Frank, R. Hoss, N. Löffelhardt
31.07.2001 Darmschlinger - R. Hoss, N. Löffelhardt
03.08.2001 Originalgang, Halle der Replik - G. Bäumler, B. Frank, R. Hoss, N.
Löffelhardt
29.07.2002 Originalgang - R. Frank, N. Löffelhardt, H. Scherzer
31.07.2002 Harrydrom - R. Frank, N. Löffelhardt, H. Scherzer 01.08.2002
Bändlesschacht, Bachna, Bachnauf - H. André, R. Hoss, H. Scherzer
03.08.2002 Ausreisser - H. André, R. Frank, R. Hoss
05.08.2002 Sandgang - H. André, R. Frank, R. Hoss
Gebauer, H. Daniel (1986):
Vier
Höhlen im Hochkar des Toten Gebirges.- Der Abseiler, 4: 23-25; Schwäbisch
Gmünd
Gebauer, H. Daniel (1987):
Photokarren im Hochkar.- Der Abseiler, 6:32-34, Schwäbisch Gmünd
Gebauer, H. Daniel (1987):
Das
Forschungsjahr 1986 im Toten Gebirge.- Der Abseiler 7:17, Schwäbisch Gmünd
Scherzer, Uwe (1986):
Vier Wochen
Totes Gebirge - ein subjektiver Bericht zum Fola '85.- Der Abseiler, 5:
24-32; Schwäbisch Gmünd
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